20.9.07

friendly fire oder der liberale Schuss

Fortgeschrittene Zeitungsleser suchen die Botschaft zwischen den Zeilen. Wie elegant diese versteckt ist, könnte der Bericht über die Verabschiedung eines Chefredakteurs zeigen, heute veröffentlicht in einer Heimatzeitung im Südwesten.

Wenn es heißt, der Chefredakteur habe die Redaktion "durch Höhen und Tiefen gesteuert", mag sich der Leser denken, dass es dem Steuermann an Orientierung gefehlt hat und die Besatzung ob seiner Steuerkünste seekrank geworden sein muss.

Treffend im wahrsten Sinn des Wortes dann folgende Charakterisierung: "Ein konservativer Geist mit liberalem Schuss." Obacht, jetzt wird's gefährlich! Wenn Konservative sich in der Kunst des liberalen Schusses versuchen, endet dies gerne mit einem Rohrkrepierer. Sehen Sie auch den schwarzen Rauch zwischen den Zeilen aufsteigen?

Und weiter im Text: "Gestern aber war endgültig Schluss, zumindest mit dem Chefredakteurs-Dasein." Spüren Sie, liebe Leserin, lieber Leser, auch das kollektive Aufatmen, das diesem Satz entweicht?

Literarische Qualität besitzt auch dieser Satz: "Und gegen ein Gläschen guten Württemberger Weines hat er ebenfalls nichts einzuwenden." Welchem Lateinschüler kommt da nicht sofort die rhetorische Figur des "pars pro toto" in den Sinn?"

Schließlich, mitten aus dem wirklichen Leben, ein Ausspruch jenes gewesenen Chefredakteurs über die Befindlichkeit seiner Lokalredakteure: "Die stehen jeden Tag an der Front." Wohl war. Die ganze Wahrheit aber dürfte sein: Hinter den Front-Schreibern steht ein durch Höhen und Tiefen steuernder und dabei Württemberger Wein trinkender Chefredakteur, der liberale Schüsse abfeuert. Manch einer an der Front mag es eher als "friendly fire" empfunden haben.

11.9.07

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