31.12.09

Bankenkrise Teil 2: die Kundenabwehrstrategie

War da was? Wenn die Banken aus der gleichnamigen Krise etwas gelernt haben, dann dieses: Wir sind unfehlbar, unsterblich, unkaputtbar. Denn im Notfall springt der Staat mit Milliarden zur Seite. Sieht man als Kunde genau hin, gewinnt man den Eindruck, dass dem WEITER SO ein JETZT ERST RECHT folgt.

In ihrer Überheblichkeit den Kunden gegenüber steht manches öffentlich-rechtliche Institut den meisten deutschen Banken in nichts nach. So wird in Ulm die Frage nach den Konditionen für ein Geschäftskonto mit einem kopierten Zettel beantwortet, den eine gelangweilte Mitarbeiterin wortlos und mit gequältem Lächeln über den Tresen reicht. Die Konditionen erweisen sich bei näherem Hinsehen als bestenfalls durchschnittlich.

Der Lichtblick in der Servicewüste leuchtet wenige Kilometer außerhalb Ulms bei einer kleinen Raiffeisenbank. Die Anfrage per Mail, abgeschickt am 28. Dezember (!), wird bereits am Folgetag beantwortet - freundlich, informativ und mit Konditionen, die absolut wettbewerbsfähig sind. Hier fühle ich mich als Kunde willkommen und werde zu Beginn des neuen Jahres ein Konto eröffnen. Eigentlich ganz einfach.

Und was folgt daraus?
1. Die Größe einer Bank sagt überhaupt nichts über Leistung und Servicequalität aus.
2. Die Bankenkrise hat keinerlei reinigende Wirkung gezeigt.
3. Viele Bankmitarbeiter pflegen eine Beamtenmentalität, die keinen Wettbewerb um Kunden kennt.
4. Wie sich Banken gegenüber Kunden verhalten, widerspricht oftmals den Aussagen in ihrer Werbung.
5. Deutsche Banken pflegen ein Selbstverständnis, das sich keine andere Branche leisten kann - der Bankenrettungsfonds macht es möglich.

14.12.09

Gedanken zur Kooperation oder die Größe des Kuchens

In der Theorie ist es ganz einfach: Einzelne Spezialisten oder Unternehmen schließen sich fallweise zusammen und profitieren gemeinsam. Wir sprechen dann von einer Win-Win-Situation. Das liegt derzeit voll im Trend. Auch das Cross-Selling, also der Verkauf verwandter oder sich ergänzender Produkte oder Dienstleistungen geht in diese Richtung. Aus meiner beruflichen Praxis und zahlreichen Beratungsgesprächen kenne ich die größte Hürde, die zu überwinden ist: die Mentalität der potenziellen Partner. Wennn die Kooperation oder das Cross-Selling nicht in die Gänge kommt, liegen die Ursachen genau hier, auch wenn es meistens bestritten wird. Partner, die zuerst nach ihrem eigenen Vorteil fragen, sind auf dem falschen Weg. Sie wollen im Grunde ihres Herzens gar keine Win-Win-Situation, sondern fürchten Konkurrenz oder wollen sich zu Lasten des Partners bereichern. Zu fragen ist vielmehr: Was können Partner GEMEINSAM gewinnen, was ihnen einzeln nicht möglich ist. Anders gesagt: Die Größe des Kuchens ist das wesentliche Ziel! Wer nur danach strebt, dass sein eigenes Kuchenstück das größere sein möge, wird mit einer Kooperation scheitern.

8.12.09

Guten Flug mit dem Bürgerpiloten nach Mallorca

An dieses Zitat erinnere ich mich immer wieder: "Bürgermeister kann jeder werden, Mechaniker nicht!" In die Welt gesetzt von einem geschätzten Kommunalpolitiker während eines Gesprächs über die Qualifikation von Kandidaten für das Bürgermeisteramt in Baden-Württemberg. Anders gesagt: Nahezu jeder Beruf erfordert eine ordentliche Ausbildung.

Und bei Journalisten? Die Zeitung mit den großen Buchstaben hat einen fatalen Trend eingeleitet: Wer einen Bleistift halten und einen Knopf an der Kamera drücken kann, wird flugs in den neuen Berufsstand des Bürger-Reporters aufgenommen. Hauptsache, billig. Mittlerweile finden sich Nachahmer, gefördert von Verlegern, die im engeren Sinne keine mehr sind. Qualität? Nein, danke!

Wohin diese von wahnhaftem Sparzwang und vermeintlicher Bürgernähe geprägte Denkweise führt, machte der Medienwissenschaftler Christoph Fasel bei einem Journalistenkongress deutlich. Das Magazin des Deutschen Journalistenverbands zitiert ihn mit folgenden Worten: "Wir wollen auch nicht von Bürgerpiloten nach Mallorca geflogen oder von Bürgerchirurgen operiert werden."

7.12.09

Weshalb wir immer noch eine Bankenkrise haben

Haben wir immer noch eine Bankenkrise? Ja, vor allem im Service. Denn was soll man von einer deutschen Bank halten, die alles tut, um sich Kunden vom Hals zu halten. Der Anruf bei der örtlichen Filiale landet stets im anonymen Callcenter, der zugesagte Rückruf aus der Filiale dauert zwischen zwei Tagen und mindestens einer Stunde. Vielleicht gibt es Service erst ab einer Anlagesumme, die nach dem Selbstverständnis jener Bank und ihres Vorstandschefs mehr als nur peanuts darstellt. So what. Ganz anders die Erfahrung mit einer Direktbank, deren Mutterkonzern ihren Sitz in den Niederlanden hat. Kaum wurde zweimal hintereinander ein identischer Wertpapierauftrag online abgeschlossen, meldet sich ein freundlicher Mitarbeiter am Telefon mit der fürsorglichen Nachfrage, ob dies ein Versehen oder Absicht war. Mitdenken statt abkassieren ist eine Mentalität, die ich mir öfters wünsche. Auch von deutschen Banken.

2.12.09

Gar nicht nett: Wenn Angst die Argumente übertönt

Wer hat es erfunden? Die Schweizer natürlich. Und jetzt sind sie über die Auswirkungen ihrer viel gelobten direkten Demokratie doch ein wenig erstaunt. Denn die Volksabstimmung über ein Minarett-Verbot finden viele gar nicht nett.
Interessant und wenig beleuchtet sind folgende Gesichtspunkte:

Ganz offenkundig ist es den Minarett-Gegnern gelungen, mit einer äußerst emotionalen Kampagne sämtliche noch so guten Argumente der Befürworter von Religionsfreiheit, Toleranz und Integration zu übertönen. Ein Mechanismus, der immer wieder funktioniert. In der Werbung wie in der Politik. Wer es schafft, Emotionen zu wecken, ist auf der Gewinnerstraße.

Eine der stärksten Emotionen neben Gier ist überall auf der Welt die Angst. Die Angst vor dem Unbekannten, dem Fremden, dem vermeintlich Gefährlichen, oft auch vor dem Neuen. Angst gedeiht am besten auf dem Nährboden von Unkenntnis und Halbwissen; hinzu kommen geistige Trägheit, der Unwillen und das Unvermögen, sich mit einem Thema ernsthaft auseinanderzusetzen.

Für Politiker, Werbetreibende und Journalisten kann das aus meiner Sicht nur bedeuten: Wer seinen Beruf verantwortungsbewusst ausübt, muss sich der Wirkung starker Emotionen wie der Angst jederzeit bewusst sein. Wer auf kurzfristigen Erfolg aus ist und deshalb mehr oder weniger dumpfe Ängste schürt, wird langfristig großen Schaden anrichten.

3.11.09

Do not drive to Bangkok! Warum Verneinungen gefährlich sind

Von Nick Faldo kann man lernen, wie ein guter Golfschwung aussieht, aber auch, weshalb Verneinungen oft das Gegenteil bewirken. Schauen Sie sich einfach mal dieses Youtube-Video an. Faldo vermeidet bewusst Selbstgespräche wie „Nicht in den Teich schlagen!“ oder „Bloß nicht die Bäume treffen!“.

Weshalb? Unser Gehirn lässt das alles entscheidende Wort „nicht“ durch ein Sieb fallen Was bleibt, sind Gedanken, die um die Hauptwörter „Teich“ oder „Bäume“ kreisen. Und schon landet die Pille als Fischfutter im Teich oder rasiert die Bäume am Fairway-Rand. So ein Mist! Alles schon zigfach selbst erlebt …

Deshalb: Vermeiden Sie in Ihren Mailings Verneinungen und treffen Sie ausschließlich positive Aussagen. Faldo sagt sich zum Beispiel: „Ich spiele jetzt einfach einen geraden Ball etwa 170 Meter weit in die Mitte des Fairways.“ Und siehe da: Die Pille fliegt wie an der Schnur gezogen bolzgerade und weit genug am Teich vorbei.

Denken Sie immer an Nick Faldo: Auf dem Golfplatz und beim Texten – oder Sie engagieren gleich einen Golflehrer oder Profi-Texter zur Unterstützung.

23.10.09

Qualität setzt sich auch in der Krise durch

Ob es den Zeitungsverlagen gut oder nicht ganz so gut geht, ist Auslegungssache. Tatsache sind einerseits sinkende Auflagenzahlen, wie der Deutsche Journalistenverband (DJV) in den DJV-News mitteilt. Demnach hat es im dritten Quartal 2009 vor allem die Regionalzeitungen besonders getroffen. Positiv verläuft dagegen die Auflagenentwicklung bei den Sonntags- und Wochenzeitungen: Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (plus 3,3 Prozent) und die liberale ZEIT aus Hamburg (plus 4,2 Prozent) legen deutlich zu. Wie man auch zur politischen Ausrichtung dieser beiden Blätter stehen mag, so verbindet sie doch ein wesentliches Merkmal, nämlich Journalismus auf verlässlich hohem Niveau. Ob es vielleicht doch einen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung gibt?

22.10.09

Auf zur Suche nach dem Unwort des Jahres 2009

Die sprachkritische Aktion Unwort des Jahres sucht ihren Favoriten für das Jahr 2009. In der Pressemitteilung der Aktion heißt es:

Gesucht werden sprachliche Missgriffe in der öffentlichen Kommunikation, die 2009 besonders negativ aufgefallen sind, weil sie sachlich grob unangemessen sind und möglicherweise sogar die Menschenwürde verletzen. Dabei kann es sich um einzelne Wörter oder Formulierungen handeln, die in der Politik oder Verwaltung, in Kulturinstitutionen oder Medien, in Wirtschaft, Wissenschaft, Technik oder in einem anderen Bereich öffentlich verwendet wurden. Vorschläge können von allen Deutschsprachigen im In- und Ausland gemacht werden. Eine Quellenangabe wird erbeten.

Vorschläge am besten per Mail an: unwort@em.uni-frankfurt.de bis spätestens 11. Januar 2010.

Meine persönlichen Favoriten sind: Nebenhaushalt (statt Taschenspielertrick), Migrationshintergrund, Analogkäse, Freisetzung (anstatt Entlassung), Straßenbegleitgrün (seit wann begleiten Pflanzen?), Atommeiler (noch beschönigender als Kernkraftwerk), Systemgastronomie (statt Massenfütterung), Solidaritätszuschlag (statt Zwangsabgabe Ost), Wertberichtigungsbedarf.

Weitere Informationen: www.unwortdesjahres.org

25.8.09

Damit Ihre Botschaft in den Hirnwindungen des Lesers die Kurve bekommt

Machen Sie mal einen einfachen Test mit Ihrem Partner, Kollegen oder Freund. Bitten Sie ihn, sich ganz fest zu konzentrieren, die Augen zu schließen und fordern Sie ihn auf: „Denke JETZT nicht an einen rosaroten Elefanten auf der Überholspur der Autobahn!“ Nach zehn Sekunden fragen Sie nach, welches Bild vor seinem geistigen Auge entstanden ist. Ein rosaroter Elefant! Völlig normal, denn das kleine, aber bedeutende Wörtchen „nicht“ ist auf dem Hochgeschwindigkeitstrip durch seine Hirnwindungen irgendwo aus der Kurve geflogen. Der rosarote Elefant hat stattdessen sein Ziel erreicht. Deshalb: Vorsicht vor Verneinungen! Stattdessen: Think, speak and write positive! Dazu ein Beispiel aus dem Alltag. Wenn wir beim Einkaufen, im Restaurant oder sonstwo um einen Gefallen bitten, erhalten wir oftmals die gut gemeinte Antwort: „Kein Problem!“ Hören wir das ständig, so verfestigt sich der Eindruck, als seien wir von Problemen umzingelt. Etwas Brot zur Suppe? Kein Problem! Den Pullover auch in dunkelblau statt hellblau? Kein Problem! Ein Platz am Fenster? Kein Problem! Ein Bär in freier Wildbahn? Ja, DAS ist wirklich ein Problem. Ein Problembär nämlich! Mehr dazu siehe und höre hier: Der Problembär

17.7.09

Darf es eine Stadelhenne sein?

Wer weiß heute noch, was eine Stadelhenne ist? Weitere Merkwürdigkeiten der bayerischen Sprache, die in Vergessenheit geraten sind, hat die Bayerische Akademie der Wissenschaft in ihrem neuen Wörterbuch zur Landesgeschichte und Heimatforschung festgehalten und erläutert.

Eine launige Rezension findet sich HIER bei silicon.de

7.5.09

Bäume gefällt und fässerweise Farbe durchs Land gefahren

Mit Zeitungen verhält es sich ähnlich wie mit Rohöl: Eigentlich weiß jeder, dass es sich um Auslaufmodelle handelt, Alternativen dringend gefordert sind, aber kaum zur Kenntnis genommen werden. Erfrischend ehrliche Antworten auf die Frage nach der Zukunft des Print-Journalismus gibt John Yemma, seit 2008 verantwortlich für den Christian Science Monitor, zuvor Journalist für Politik beim Boston Globe. Im Gespräch mit Barbara Nolte für das Magazin der Süddeutschen Zeitung (veröffentlicht auch bei netzeitung.de) sieht er das Ende für die klassische Tageszeitung gekommen. Sein renommiertes Print-Produkt erscheint nur noch online - und zwar mit Erfolg, sprich steigenden Abonnentenzahlen. Auf die Frage, welche Zukunft die Tageszeitung haben werde, antwortet Yemma:

Keine große. In den mittelgroßen Städten der USA werden die Zeitungen bereits in ein, zwei Jahren ins Internet abgewandert sein – außer der Sonntagsausgabe und womöglich einem Boulevardblatt, das an der U-Bahn ausliegt. Printjournalismus macht einfach keinen Sinn: Da werden Bäume gefällt, fässerweise Farbe durchs Land gefahren, Zeitungen gedruckt, die tags darauf im Altpapier landen.


Deutlicher geht es kaum noch. Meine Heimatzeitung setzt dagegen auf Gewinnspiele und ein Rabatt-Kärtle, das mir zum Beispiel die Autowäsche verbilligt. Auch das ist eine Strategie.

Das vollständige Interview mit John Yemma lesen Sie HIER!

22.4.09

Die Zukunft des Journalismus: backe, backe Kuchen!

Sein Wort in Gottes und Lesers Ohr: Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt sagt Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG, dem Journalismus eine glänzende Zukunft voraus - trotz Wirtschaftskrise. Selbst dem Internet gewinnt er eine positive Seite ab. Es werde den Journalismus besser machen, sagt er. Wirklich? Keine Rede ist davon, dass nicht wenige Verlage ihre Redaktionen verkleinern, Journalisten als Leiharbeiter anstellen oder - übrigens eine "Erfindung" der BILD aus dem Hause Springer - den "Leser-Reporter" die Spalten füllen lassen.

Man stelle sich zum Beispiel ein Wirtshaus vor, in dem "Gäste-Köche" die Schnitzel klopfen, oder eine Schule, in der "Eltern-Lehrer" den Unterricht gestalten. Schon Dürrenmatt wusste: "Die Wirklichkeit zeigt sich im Paradoxen."

Übrigens fordert meine Ulmer Heimatzeitung seit Wochen die Leser auf, ihre besten Back-Rezepte einzusenden, die dann in einem Buch veröffentlicht werden sollen. Übrigens, liebe Leser-Blatt-Bindungs-Marketing-Vertriebs-Experten: Wenn mir nach Backrezepten ist, nehme ich beim Bäcker die "Bäckerblume" mit. Ohne Abonnement und kostenlos.
Das Interview mit Mathias Döpfner gibt es HIER!

3.4.09

Journalisten genießen hohes Ansehen - aber sind sie auch unabhängig?

Zunächst geht die Meldung runter wie Hefeweizen im Biergarten: Journalisten genießen hohes Ansehen. Das meldet der Deutsche Journalistenverband, die Gewerkschaft der Journalisten, im neuesten Rundschreiben. Der DJV beruft sich dabei auf eine Umfrage eines Kölner Marktforschungsinstituts, ohne dieses beim Namen zu nennen, und der Macromedia Hochschule München. Die ganze Wahrheit folgt aber schon in der zweiten Zeile. Laut Umfrage zweifelt die Mehrheit der Bürger an der Unabhängigkeit der Journalisten. Als Hauptursache vermuten die Befragten den Einfluss von Wirtschaft und Politik. Offensichtlich sind die Leser doch nicht so dumm!

Sprache und Stil in den Fünfzigern und heute

Jede Zeit hat ihre Sprache und ihren Stil. Doch gewisse Regeln überdauern die Zeit und werden auch noch in Zukunft gültig sein. Beispiel gefällig? Neulich in Vaters Bücherschrank entdeckt und mit Genuss gelesen:

Da es die Fülle fachlicher Ausdrücke und eine Reihe formelhafter Wendungen sind, die das Kaufmannsdeutsch von der Umgangssprache unterscheiden, glaubt der Handelsbeflissene nur zu oft, in der Häufung von Fachausdrücken läge das wesen eines "echten" Kaufmannsbriefes. Es ist aber gerade umgekehrt: je mehr es dem Schreiber gelingt, die Starrheit des Formelbriefes zu brechen, je mehr er seinen Stil der lebendigen Umgangssprache nähert, um so besser wird es um seinen Brief stehen.

Das Zitat stammt aus dem "Handbuch des Kaufmanns",bereits im Jahr 1950 (!) erschienen im Verlag Hammerich & Lesser in Hamburg.

11.3.09

Durchschnittlichkeit: die engste Freundin des Mittelmaßes

Versprochen ist versprochen. Deshalb folgt heute ein weiterer Denkanstoß aus Hermann Scherers Newsletter zum Thema "Mittelmaß". Dabei lernen wir die engste Freundin des Mittelmaßes kennen, die Durchschnittlichkeit. Wer um Mittelmaß und Durchschnittlichkeit einen großen Bogen machen will, für den gilt Scherers Handlungsanweisung: Dort, wo alle sind, ist wenig zu holen. Übrigens eine erstaunliche Parallele zum Titel des Buches, das ich gerade lese: The road less traveled. Dazu später mehr. Jetzt aber hat Hermann Scherer wieder das Wort:

Dort, wo alle sind, ist wenig zu holen

Wenn wir uns wie alle anderen benehmen, werden wir auch nur dieselben Dinge sehen, dieselben Ideen haben und ähnliche Produkte oder Dienstleistungen entwickeln. Im besten Fall führt eine normale Produktion zu normalen Ergebnissen. Benchmarking, ein oft doziertes Vorgehen, ist nichts anderes als organisierte Gleichmacherei.

Erfolg entsteht eben nicht durch das Mit-, sondern vor allem durch das Voranmarschieren. Solange Menschen, Marken und Unternehmen nur das bieten, was alle bieten, bekommen Sie eben auch nur das, was alle bekommen: durchschnittliche Erlöse, durchschnittliche Anerkennung, durchschnittliche Aufmerksamkeit. Dort, wo alle sind, ist wenig zu holen. Jeder sucht die goldene Mitte, und wer sie gefunden hat, wird feststellen, dass sich dort viel zu viele tummeln. Die Ansammlung der ewigen Zweiten ist zugleich die immerwährende Suche nach dem ersten Platz oder nach Mitleid.


Mehr von, über und mit Hermann Scherer finden Sie auf seiner Website www.hermannscherer.de

Fortsetzung folgt.

10.3.09

Herausforderung für E-Mail-Marketing: sinkende Öffnungsrate

Bereits zum vierten Mal hat emarsys die Responsedaten von E-Mail-Kampagnen über die Dauer eines Jahres erhoben. Die Studie bietet eine Übersicht aller Responsedaten im Branchenvergleich. Von den Ergebnissen sind vor allem der weitere (Ver-)Fall der Öffnungsrate sowie die hohen Bounce-Raten sicher die größten Herausforderungen an das E-Mail-Marketing.Für den Benchmark Report 2008 wurden mehr als 7000 E-Mail-Kampagnen von mehr als 250 emarsys-Kunden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz von Januar bis Dezember 2008 untersucht.

Die Lehren aus der Studie sind einfach: Wer eine bessere, also niedrigere Bounce-Rate will, muss die Qualität seiner Mailing-Listen verbessern und diese regelmäßig (!) pflegen. Öffnungsraten lassen sich allein dadurch verbessern, dass man in der Betreffzeile Formulierungen wählt, die den Spam-Filter passieren.

Die emarsys-Studie als PDF-Dokument

4.3.09

Warum wir das Mittelmaß lieben

Die Kurzfassung vorneweg: Wir lieben das Mittelmaß, weil wir Angst haben. Vor der Verantwortung, vor dem Anderssein, vor dem Risiko, vor dem Unbekannten.
Die Langfassung stammt aus dem jüngsten Newsletter von Hermann Scherer, einem der besten Business-Experten, Erfolgstrainer und Vortragsredner deutscher Sprache – was ich nach einem Vortragsabend und der persönlichen Begegnung mit ihm bestätigen kann.

Wir lieben das Mittelmaß. Was „jeder“ tut, muss ja richtig sein. Und geht es doch schief, sind die „anderen“ schuld: die Gesellschaft, die Krise (eine geniale Ausrede!), im Zweifelsfall Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter, die Generalbevollmächtigten der Schuld. Damit hat man ja gar keine Schuld, sondern sogar eine Ent-Schuldigung. Schuld haben die anderen, die Gemeinschaft, die kollektive Entscheidung. In Wahrheit haben wir Angst, etwas falsch zu machen, und tun deshalb, was alle tun. Das ist zwar keine Erfolgsgarantie, liefert aber die Ausrede gleich mit. Dabei bringt die Angst nichts. Zu Tode gefürchtet ist schließlich auch gestorben!

Mittelmaß gewinnt nie. Es hat nie gewonnen, und es wird auch nie gewinnen. Im Zeitalter des Überflusses steigt die Zahl der Firmen und der Angebote unaufhaltsam. Jeden Tag kommen neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt. Selbst, wenn Sie sich heute sicher fühlen: Möglicherweise bastelt Ihr größter Konkurrent, der Sie in zehn Jahren das Fürchten lehren wird, gerade an seinem Businessplan. Alle Organisationen möchten teilhaben, sie wollen ein Stück vom Kuchen. Um Erfolg zu haben, müssen wir also aufhören, so verdammt normal zu sein.

Fortsetzung folgt demnächst. Versprochen!

Mehr über Hermann Scherer auf seiner Website www.hermannscherer.de

20.2.09

Holsten knallt am dollsten: oder warum Wiederholung einfach nicht blöd ist

Je einfacher, desto verständlicher. Falls man nicht den Preis für experimentelle Lyrik gewinnen will, sicher eines der besten Rezepte für Texte. Sollte man meinen. Stattdessen will der Kunde ausdrücklich die Begriffe Engineering, High Tech und Knowhow in seinem Text lesen. Ihm gefällt es so besser. Aber dem Leser?

Je öfter, desto einprägsamer. Im Schulaufsatz haben uns Wiederholungen glatt eine halbe Note gekostet. Ein Trauma, das viele nicht verarbeitet haben. Und so schreiben sie auch heute noch in Zeitungen oder sonstwo über Drahtesel, obwohl Fahrräder mittlerweile aus allem möglichem Material gebaut sind, nur nicht aus Draht. Noch besser sind kirchliche Themen. Die Kirche wandelt sich spätestens im dritten Satz zum Gotteshaus, der Pfarrer zum Gottesmann – und wenn er gestorben ist, liegt er auf dem Gottesacker. Wer aber verkaufen will, muss seinen Namen, sein Produkt in die Hirne einbrennen. Und da hilft nur Wiederholung, Wiederholung, Wiederholung.

Je mehr, desto besser. „Ihr Werbebrief gefällt uns eigentlich schon, aber er ist ein bisschen lang“ – ein Klassiker des Feedbacks. Verkaufen braucht Argumente, muss Vertrauen aufbauen, die richtige Stimmung erzeugen, Zweifel zerstreuen und vieles mehr. Was das kostet? Den Verkäufer Zeit und den Texter Zeilen. Oder haben Sie schon mal in zehn Minuten ein Auto gekauft?

1.1.09

Zehn gute Vorsätze für das neue Jahr

Jeder Jahresanfang gibt Anlass, gute Vorsätze zu fassen. Was daraus wird, ist freilch eine andere Frage. Tiefe Einblicke in die hessische Seele bietet der Beitrag auf hr-online.de mit dem Titel „Gute Vorsätze für 2009: Sechs von zehn Hessen wollen Stress abbauen“. Wie das geht? Am besten vielleicht mit Äppelwoi. Die Hitliste der zehn am häufigsten genannten Vorsätze enthält Klassiker wie „mehr Zeit für sich selbst“ oder „das Rauchen aufgeben“. Wer hätte das von den Hessen gedacht! Immerhin: Es handelt sich um eine Umfrage im Auftrag der Krankenkasse DAK. Kosten? Darüber spricht man nicht. Und hier meine ganz persönlichen Vorsätze für 2009. Gut oder nicht gut? Schau‘ mer mal! Jedenfalls will ich …
1. mich nach dem Tod meiner Mutter noch mehr um meinen Vater kümmern.
2. in Gesprächen mindestens zwei Drittel der Zeit einfach nur zuhören.
3. mich nur noch über Dinge oder Personen aufregen, die ich ändern kann.
4. richtig Italienisch lernen.
5. das beste Rezept für Saure Kutteln finden.
6. nicht Mitglied der IHK werden.
7. meine Rhetorik verbessern.
8. Zwangsabonnent der Ulmer Lokalzeitung bleiben.
9. auf der Autobahn nicht mehr schneller als 200 km/h fahren.
10. endlich Handicap 36 oder besser erreichen.