9.2.10

Die Mischung macht’s: Steuern, Sünder und Straftäter

Knapp daneben ist auch vorbei. Das möchte man all jenen Politikern und Journalisten zurufen, die leichtfertig mit dem Begriff Sünde umgehen. Durch den schlampigen Sprachgebrauch offenbart sich eine Denkweise, die den Zustand unserer Gesellschaft kennzeichnet. Wer sein Auto im Halteverbot abstellt, zu schnell fährt oder bei dunkelgelb die Ampel passiert, wird in ADAC-konformer Sprache als Parksünder oder Verkehrssünder bezeichnet. Wohl wissend, dass keine Sünde, sondern eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat begangen worden ist. Doch daran haben wir uns dank ständiger Wiederholung anscheinend gewöhnt.

Nicht gewöhnen kann und will ich mich jedoch an die Bezeichnung Steuersünder im Zusammenhang mit millionenschwerer vorsätzlicher Steuerhinterziehung. Politiker und Journalisten, die diesen Sprachgebrauch pflegen, machen sich im tiefsten Inneren ihres Herzens gemein mit diesen Straftätern und stellen sie auf eine Stufe mit Falschparkern. Steuerhinterziehung als Volkssport, nein danke!

Was eine Straftat ist, muss auch als solche bezeichnet werden. Sünde ist ein Begriff, der nach theologischem Verständnis das Verhältnis des Menschen zu Gott betrifft, aber nichts im Strafrecht zu suchen hat. Außerdem: Sünden können nach christlicher Lehre vergeben werden, Straftaten nicht.

Geradezu grotesk wirken die Kommentare mancher Leitartikler, wenn sie mit Begriffen wie Datendiebstahl oder Hehlerei jonglieren. Nach heutigem Wissen hat niemand irgendeiner Bank irgendwelche Daten gestohlen, denn sie sind ja bei den Banken noch vorhanden! Allenfalls wurden Daten illegal kopiert. Und es geht zuletzt um den Straftatbestand einer Hehlerei, denn die fraglichen Bankdaten, die auf die Spur von Steuerhinterziehern führen sollen, sind keine Ware, sondern Informationen, also Wissen.

Was Ermittler wissen dürfen und ob die Übermittlung oder Beschaffung (nicht die Herkunft!) der Daten rechtskonform ist, darüber lohnt sich durchaus eine Diskussion. Anders gefragt: Unter welchen Umständen und zu welchen Bedingungen darf sich der Staat Wissen beschaffen, das mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Aufklärung erheblicher Straftaten führt? Voraussetzung für einen Erkenntnisgewinn ist jedoch ein sorgfältiger Sprachgebrauch.

5.2.10

Der kleine Unterschied zwischen Kunde und Auftraggeber

Der kleine Unterschied zwischen Kunde und Auftraggeber kann große Folgen haben. Eine Diskussion auf XING hat unlängst dazu geführt, dass einige Kollegen in Werbeagenturen und Grafikbüros mächtig Dampf abgelassen haben. Muss auch mal sein.

Fazit: Die Kreativ-Branche hat es immer weniger mit Kunden, aber umso mehr mit Auftraggebern zu tun. Kunde zu sein bedeute nämlich, kundig zu sein, also eine Ahnung zu haben, wie es eine Gestalterin formulierte. Sie – und offenbar nicht nur sie allein – sieht sich zunehmend mit Auftraggebern konfrontiert, die sich aber wie Kunden gebärden. Klar doch, gestalten kann heute jeder, der seinen PC in Gang bringt und mit Hilfe von WORD Texte und Bilder auf die Seiten nagelt. Und es gibt genügend Online-Druckereien, die alles drucken, was auf den Bogen passt. So what.

Die Klage der Kollegin in Gottes Ohr. Allerdings spürt die Kreativ-Branche nicht allein diesen Wandel vom kundigen Kunden zum halbwissenden Auftraggeber. Lehrer, Architekten, Handwerker und viele mehr werden zustimmen. Tragisch wird es jedoch, wenn die Auftragnehmer selbst diese Tendenz fördern und alles zulassen und liefern, was bestellt wird. Um den Fußball-Lehrer Felix Magath zu zitieren: "Qualität kommt von quälen." Aber es ist immer wieder schön, wenn der Schmerz nachlässt.