4.1.06

Hier spricht die Kanzlerin

Franziska Augstein hat in der Süddeutschen Zeitung die Sprache unserer Kanzlerin näher betrachtet. Das Ergebnis überrascht wenig:


Noch in den ersten Jahren nach der Wende hat sie ein unverstelltes Deutsch gesprochen: Ihre Sätze waren meistens klar, und für Dinge, die verschieden sind, fand sie unterschiedliche Wörter. Heute, nach 15 Jahren im freien Westen, kann davon bei ihren öffentlichen Auftritten keine Rede mehr sein, wovon auch ihre Regierungserklärung beredtes Zeugnis gibt.


Die Bundeskanzlerin ist nur ein Beispiel von vielen, wie Menschen ihre Sprache unbewusst verändern, wenn sie seit längerem einer bestimmten Berufsgruppe angehören. Hat die Mannschaft schlecht gespielt, sagt der Fußballtrainer anschließend: "Wir haben nicht unser ganzes Leistungspotenzial abrufen können." In der Welt der (Sozial-)Pädagogik heißen die Kinder des italienischen Pizzabäckers, der vor 20 Jahren mit seiner Familie nach Deutschland eingewandert ist, "Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund". Journalisten "titeln", Personal- und Unternehmensberater beherrschen die Kunst der "sozialen Abfederung" (vor allem bei Kündigungen) und Golfer pflegen ihren eigenen Plural, wenn sie über die Anzahl der Spielbahnen sprechen: "Nach 16 Loch lag ich eins über Par!"

Gefunden bei Mehrzweckbeutel

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